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#7 LANGE NAECHTE, LANGE DIVES

  • carolinmichalk
  • Apr 22, 2024
  • 6 min read

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Tauchkurs Tag 2. Dieses Mal muss ich nicht ganz so frueh aufstehen, sondern kann bei dem cuten Dive Master der in meiner Tauchschule arbeitet mitfahren. Ein bisschen muede, ein bisschen aufgeregt und ein bisschen verlegen steige ich in das grosse Auto. Das Interesse an meiner Mitfahrgelegenheit waechst mit unserem ersten richtigen 1:1 Gespraech immer mehr. Doch nach ein paar Minuten sind wir schon an unserer ersten Station angekommen: Wir sammeln auch die Franzoesin von gestern ein und mit ihr kommt eine Ladung Sonnenschein auf die Rueckbank. Sie strahlt eine unglaublich positive und warme Energie aus und so ist der Rest der kurzen Autofahrt ueber die Insel mit den beiden und guter Musik ein wundervoller Start in den Tag.


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Alma Bay, die allererste Dive Site

Im Dive Center machen wir die Ausruestung und uns direkt fertig fuers Meer. Barfuss und mit Wetsuit laufen wir zum Strand gleich um die Ecke, wo als wir eintreffen schon der Ute (utility vehicle – kleiner australischer Pick Up Truck) mit all unseren Tanks, Flossen, Masken und Gewichten wartet. Unter einem Baum auf der Gruenflaeche des Strands bekommen wir unser Dive Briefing. Alle Infos zum Ablauf des Tauchgangs, wer wo wann was wie macht, wird besprochen. Mit ungefaehr 20 Kilo auf dem Ruecken und unseren Taucherflossen in der Hand machen die 2 anderen Schuelerinnen, ich und unser Instructor uns auf dem Weg ins Wasser. Magnetic Island ist super geeignet fuer Shore Diving, das heisst wir laufen bis zuer Huefte ins Wasser und koennen uns dann, waehrend wir dank der Tarierweste (BCD) auf dem Ruecken an der Oberflaeche treiben, die Flossen anziehen, Maske und Atemregler (Regulator) ins Gesicht setzten und dann tauchen wir auch schon ab:



(Es faellt mir etwas schwer mich jetzt, ueber 100 Tauchgaenge spaeter, noch genau an die Empfindungen von den ersten Malen zu erinnern. Es ist ein bisschen, als wuerde man versuchen sich ganz genau an den ersten Rausch von Alkohol oder den ersten Kuss zu erinnern. Vorallem wenn es nicht das einzige Erlebnis dieser Art bleibt. Trotzdem weiss ich noch ganz genau:)


Ich bin direkt in love mit diesem komplett neuen Gefuehl von Schwerelosigkeit. Langsam sinke ich Richtung Boden waehrend ich die wichtigste Regel von SCUBA-Diving befolge: Niemals die Luft anhalten. Das Rauschen meines eigenen bestaendigen Atemrhythmus ist ab dem Moment, an dem mein Kopf unter der Oberflache verschwindet, das Einzige was ich die naechsten 45 Minuten hoeren werde. Auch eine sehr neue, ungewohnte Situation. Zumindest mit den Taucherflossen kenne ich mich zum Glueck ein bisschen aus, denn schon seit der Kindheit war die Schnorchelausruestung ein fester Bestandteil der Sommerurlaube. Wir schwimmen eine kurze Zeit gen Osten, bis wir uns in circa 4 Metern Tiefe in einem Kreis auf die Knie niederlassen. Mein Fokus liegt voll und ganz auf meinem Instructor, der uns nach und nach mit ueberdeutlichen, langsamen und Gott sei Dank zuvor erklaerten Handzeichen die einzelnen Uebungen abfragt. Jede von uns flutet und leert nach und nach die Tauchmaske – einer der Skills die ich in der Zukunft mit Abstand am haeufigstens brauchen werde. Nach ein paar Runden nehmen wir die Brille auch komplett vom Gesicht und setzen sie wieder auf, gefolgt vom Auspusten des sich nun im Inneren befindlichen Salzwasser. Meine Augen traenen aber das Adrenalin laesst das Unbehagen in den Hintergrund ruecken. Die Uebungen in Bezug auf den Regulator sind vermutlich die lebenswichtigsten, doch auch hier gibt es keine groesseren Probleme. Und dann ist der erste Dive im Meer auch schon vorbei.


Nach einem Debriefing werden wir in die Mittagspause geschickt, welche ich mit einer Mitschuelerin und den beiden Dive Mastern vom Car-Pooling heute Morgen verbringe. Der Veggy-Burger ist super lecker, die Gespraeche unterhaltsam und interessant. Ein bisschen beschleicht mich das Gefuehl, dass sich mein Crush eher fuer die Dame aus Argentinien als fuer mich interessieren koennte. Ich aergere mich, dass mein Spanisch noch nicht ausreicht um mich so richtig zu unterhalten und nehme an, dass die lateinamerikanische Nachbarschaft der Heimatlaender der beiden meine Chancen schmaelert.


Nach dem Wechseln der Tanks geht es direkt wieder ins Wasser. Wir arbeiten weitere Skills ab und gewoehnen uns immer mehr an die neue Welt in die wir eintauchen. Auf dem Rueckweg von unserem kleinen Hexenzirkel (denn hey, immerhin atmen wir hier Unterwasser wtf?!) in dem wir wieder knieend den akademischen Part abhandeln, entdecke ich eine Art Stock am Meeresgrund, der jedoch anders als die Stuecke von Palmblaettern aussieht, die hier und da rumliegen. Ich deute auf das vielleicht 2 Meter von mir entfernte, unbekannte Objekt und gerade als ich meinen Arm ausgetreckt habe und mich meinem Lehrer mit fragendem Blick zuzwende bewegt sich der falsch identifizierte Ast und schwimmt als nun erkennbarer Rochen davon. Im ersten Moment bin ich erschrocken ueber die unerwartete Bewegung doch dann direkt mega happy ueber diese erste ausergewoenliche Begegnung mit den Bewohnern der Unterwasserwelt. Zum einen da ich zuvor noch nie einen Rochen gesehen und auch weil ich ihn trotz Tarnung und ohne Wissen ueber deren unmittelbare Existenz im Sand ausgemacht hatte. Ab diesem Moment bin ich noch viel aufmerksamer was meine Umwelt angeht und kann es kaum erwarten noch mehr Tiere zu finden.


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Toad Races auf Magnetic Island

Abends im Hostel sitze ich mit ein paar Bekanntschaften beim Essen, als ich spontan entscheide mit ein paar Bekannten zu den Toad Races zu gehen. Eine bizarre Situation offenbart sich mir als wir in den Hinterhof einer grossen Resortanlage kommen: Ein Haufen Menschen steht um einen aufgezeichneten Kreis, in der Mitte ein sechseckiger Kasten aus Plexiglas mit verschiedenen Abteilen, die je eine Kroete behergergen. Nach einiger Zeit zum Bieten und Wetten mit Betraegen, die meines Ermessens nach verrueckt hoch sind, wenn man bedenkt, dass es hier um Kroeten geht die auf der Strasse eingesammelt wurden und wegen der hohen Population als Plage gelten. Das Commitment und die spuerbare Leidenschaft der Locals amuesiert mich und als es losgeht liegt eine wirkliche Spannung in der Luft: der Container wird angehoben und nun sitzen sechs Kroeten in der Mitte des Kreises und werden angefeuert, um als erstes Tier die aeussere Grenze zu ueberhuepfen. Ein paar der Toads regen sich garnicht, andere springen aufgeregt davon, begleitet von tosendem Geschrei der Zuschauenden. Fuer ein paar Runden schaue ich mir das Spektakel an, fasziniert von der ungewoehnlichen Art der Unterhaltung und genau deswegen auch skeptisch. Es sind kleine, warzige Kroeten aber immernoch Lebewesen, die hier fuer unsere Belustigung in eine unnatuerliche und vermutlich fuer die Tiere super stressige Situationen gebracht werden. Es scheint nicht so als werden sie verletzt aber ein Fan bin ich trotzdem nicht. Ausserdem bin ich mir nicht sicher was nach dem Wettrennen mit den Kroeten passiert, denn nach Gespraechen mit Locals, die laut eigener Aussage „extra draufhalten wenn sie eine auf der Strasse sehen“, bezweifle ich, dass sie einfach wieder ausgesetzt werden. Ich versuche Frieden in Unwissenheit zu finden, vorallem weil ich mit dem Ausmass der Plage nicht vertraut bin und mich somit moralisch oder rational weder fuer Gutheisen oder Entsetzen entscheiden kann.


Zurueck im Hostel wird auf der Leinwand gerade die Fussball-WM uebertragen. Reisende jeglicher Nationen trinken und jubeln zusammen. Ich bin nicht wirklich interessiert am Spiel, sondern eher daran den Hollaender von gestern wiederzufinden. Vor ein paar Stunden hatten wir unsere Schlappen getauscht; ein Akt der dem unfassbarem Scheissgelaber mit ihm und seinem Kumpel folgte. Wir hatten vorallem dummes Zeug geredet, machten Witze und uns uebereinander lustig. Eine super erfrischende Abwechslung zu all den anderen, immer gleichen Smalltalk-Begegnungen die ich die vergangenen Tage hier im Hostel durchleben musste. Es fuehlte sich eher nach lockerem Rumhaengen mit Homies anstatt „Backpacker-Networking“ an, was ich sehr schaetzte. Irgendwann fuehrte uns das Gespraech zu unseren Schuhen und wir tauschten durch, da mir das Komfortlevel meiner unfassbar bequemen Sohlen nicht geglaubt wurde. Ab dem Zeitpunkt hatte ich meine Cloudfoam-Adiletten (big big recommendation an dieser Stelle) quasi verloren. Denn als ich ein paar Minuten spaeter die jetzt-oder-nie Entscheidung traf das Hostel fuer die Toad Races zu verlassen, befanden sich meine Schlappen grade auf einem Testlauf zur Bar. Der Bus kam in einer Minute also blieb keine Zeit zum Ruecktausch…


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das Hostel tagsueber - aber an der Bank sassen wir dann abends zu viert

Diese Mission galt es nun also zu vervollstaendigen. Als ich den Hollaender endlich finde freuen wir uns beide ueber unsere eigenen Schuhe. Er ist erleichtert, da er morgen abreist und schon Angst hatte, er muesse die Faehre in der Frueh ohne seine eigenen Schlappen antreten. Aus diesem Grund will er sich auch direkt danach ins Bett verabschieden, doch irgendwie landen wir an einem Tisch und trinken ein paar Drinks mit seinem Kumpel und einem Maedchen vom Hostel waehrend die lustigen Gespraeche genau da weitergehen, wo sie aufgehoert hatten. Nach einer Stunde tut mein Gesicht weh vom Grinsen und Lachen und eigentlich sind alle muede und haben genug gute Gruende frueh ins Bett zu gehen aber der „letzter Abend“-Vibe stellt sich ein und wir bleiben bis zum Zapfenstreich sitzen. Als der letzte Drink ausgetrunken ist und das Gelaende sich komplett geleert hat, beschliessen auch wir zu gehen. Doch nicht wie vernuenftige Menschen ins Bett, sondern an den Strand. Wir liegen im Sand unter dem Sternenhimmel und die Gespraeche werden langsam tiefgruendiger. Ich spuere eine grosse Dankbarkeit fuer diesen Moment und schaetze alles an ihm: die laue Temperatur, das Meeresrauschen als Hintergrundmusik, den klaren Himmel, der ein paar Sternbilder zum Besten gibt. Doch vorallem die Offenheit und Waerme, die von meiner Gesellschaft ausgeht. Ich erfahre von einschneidenden Erlebnissen, bei denen ich gebannt zuhoere. Auf der anderen Seite erfahre ich unglaubliches Mitgefuhel fuer die Gedanken die ich teile, und wir tauschen viele Worte der Wertschaetung aus.


Uebermueded und ein bisschen traurig, dass sich die Freundschaft zwischen uns erst am letzten Abend der zwei Jungs ergeben hat, verabschieden wir uns alle und begeben uns um drei Uhr morgens ins Bett. Ich hoffe stark, dass sich der Schlafentzug nicht auf meine Abschlusspruefung auswirkt, die ich morgen im Dive Center zu schreiben habe. Immerhin werde ich wieder mit dem Auto abgeholt…

 
 
 

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